Wir queos sind ein sehr heterogenes Gespann. So individuell wie unsere Mitarbeitenden sind auch deren Lebens- und Berufswege. Diese verlaufen selten geradlinig. Auch Mathias Wagner, den wir queos (aber nur wir! 😉) auch einfach „Matze“ nennen dürfen, hat in seinem Leben einige Umwege genommen und viele Erkenntnisse eingesammelt sowohl vor als auch während seiner langjährigen queo-Zeit. Heute ist er unser erfahrenster UX-Designer. Gern erzählt er, wie sein Weg bisher verlaufen ist.

Seit etwas mehr als 14 Jahren bin ich nun bei queo und gestalte von Anfang an Benutzeroberflächen für Menschen – ganz gleich ob es sich dabei um Websites oder andere digitale Produkte handelt. Bei queo war ich schon Interactive Designer, dann Art Director digital und nun UX Designer. Grundsätzlich sind das aber nur Titel - im Kern hat mein Herz immer für das Gleiche geschlagen: User Experience, Usability und Ästhetik!

Auch mein Lebensweg ist, wie der vieler queos, nicht so ganz gerade. Aber fangen wir mal von vorne an.

In der Zeit, in der sich meine Schulausbildung dem Abschluss näherte, geschahen eine ganze Reihe von gravierenden Änderungen. Zwei haben sich bei mir eingeprägt.

  • Meine Familie und ich konnten nun, zum ersten Mal in unserem Leben, unsere Bekannten und Verwandten in Nordrhein-Westfalen besuchen. Für mich eine Reise aus dem typischen Straßenlaternen-Orange und den trist-grauen Gebäuden zu einer scheinbar lebensfrohen und bunten Reklamewelt. Und wieder zurück in eine orange-graue Tristesse, die sich aber zunehmend anarchisch, experimentierfreudig und spannend zeigte – Aufbruch und Veränderung lag in der Luft.
  • Die Schule, die ich besuchte, gab es plötzlich nicht mehr. Also das Gebäude schon – aber das DDR-Schulsystem wurde durch das neue, sächsische Schulsystem ersetzt. Aus der Polytechnischen Oberschule Lilo Hermann wurde über Nacht die Mittelschule Christian Lehmann. Von einer Kommunistin, die 1938 für ihre Überzeugungen von den Nazis hingerichtet wurde, hin zu einem Magister, der im 17. Jh. Ortspfarrer meines Heimatorts war und vor Ort mit dazu beitrug die Wirren des 30jährigen Krieges zu überwinden.

Durch die politischen Umbrüche gab es plötzlich für mich mehr Wege als nur den ursprünglich vorhergeplanten. Auf einmal war mehr möglich, als „nur“ den Handwerksbetrieb meines Vaters weiterzuführen. Aber zu der Zeit war ich noch nicht so weit - beziehungsweise hatte noch nicht so weit gedacht.

1993 machte ich, als einer der ersten Jahrgänge in Sachsen, meine Mittlere Reife. Ich hatte bis dahin nur herausgefunden, dass ich nicht Bäcker im Betrieb meines Onkels werden konnte, da ich den Mehlstaub nicht vertrug. Ansonsten war ich lieber draußen an der frischen Luft oder erforschte den Commodore AMIGA 500, meinen ersten Computer. Die Entscheidung darüber, was ich nach der Schule werden soll, hatte ich gut verdrängt. Also begann ich kurzerhand eine Ausbildung zum Maler und Lackierer im Betrieb meines Vaters.

Kreiden, Pinsel, Kunst, Malerei, kreative Materialien.

Schon als Kind malte und zeichnete ich mit meinem Großvater zusammen. Ich liebte es, mit ihm zusammen Bilder zu malen. Auch sortierte ich stundenlang Stifte nach Farbe, meine eigenen und, wenn andere nicht zuschauten, auch die Fremder. Meinem Großvater schaute ich auch oft über die Schulter, wie er frei Hand Schrift mit einem Schriftpinsel und Farbe auf Transparentschilder setzte. Ich war davon sehr fasziniert. Der Inhalt der Leitsprüche des SED-Ortsverbandes, die dann meinen Heimatort in einer Frakturschrift schmückten, war mir nicht wichtig. Farben, Formen, Ästhetik weckten in mir, auch wenn ich das damals so nicht hätte sagen können, ein großes Interesse. Aber davon fand ich leider zu wenig im Beruf des Malers und Lackierers. Ich lernte eher nass-kalte Baustellen kennen und Wände, die schnell weiß werden sollten.

Während meines Zivildienstes, der sich an meine Zeit als Maler und Lackierer anschloss, reifte in mir der Plan, mein Abitur nachzuholen, um studieren zu können. Innerhalb eines Jahres absolvierte ich die Fachoberschule in Aue und erhielt ein Fachabitur für Technik. Damit hatte ich meine Fachhochschulreife und konnte studieren.

Ich bewarb mich auf die Studiengänge Medientechnik in Mittweida und Religionspädagogik und Gemeindediakonie in Moritzburg.

Was soll ich sagen? Moritzburg mit dem religionspädagogischen Studiengang hat mir zuerst zugesagt. Und wieso überhaupt Religion? Nun ja, es war damals ein wichtiges Thema für mich. Trotzdem war es dann doch nicht das, was ich auf Dauer wollte. Ich versuchte mich daher anschließend noch an einem Studium der Sozialpädagogik an der Evangelischen Hochschule Dresden. Aber vor lauter Nebenjobs (Essenausfahren am Wochenende, Nachtdienste in einer Dresdener Wohnungslosenübernachtung, Website Erstellung für das ehs Forschungszentrum, etc.) kam ich nicht wirklich zum eigentlichen Studieren. Ich beendete das Studium, weil ich es mir nicht mehr länger finanzieren wollte.

Nach dieser Zeit strandete ich erst einmal im Hartz IV. Aber ich nutzte diese Zeit und beschäftigte mich mit Webdesign, HTML, CSS und PHP. Damit besann ich mich auf ein altes Interesse, das sich bereits während meiner Studienzeit herausgebildet hatte – nur hatte ich jetzt die notwendige Zeit dafür. Eines Tages saß ich im Wartebereich des Jobcenters mit einem Buch über HTML und CSS, auf das mich meine Jobcenter-Agentin ansprach. Wir kamen ins Gespräch über mein Interesse am Webdesign. Ein viertel Jahr später hatte ich einen Bildungsgutschein für eine Umschulung zum Mediengestalter Digital und Print mit Fachrichtung Technik in der Tasche. Diese Umschulung absolvierte ich hier in Dresden.

Kollege Mathias arbeitet am Laptop und lächelt freundliche in die Kamera.

Endlich hatte ich das Gefühl, an der richtigen Stelle zu sein. Das, was ich in dieser Ausbildung lernte und umsetzte, fühlte sich genau richtig an. Bis dahin hatte ich auf meinem Weg dieses Gefühl nie zuvor gehabt. Ich hatte das gefunden, wofür ich brenne. Meine Affinität für Computer und das Internet konnte ich mit meinem Gefühl für Farbe, Formen und Ästhetik verbinden. Dass ich jetzt richtig war, bestätigte sich dann auch im Abschluss. Ich war der Jahrgangsbeste.

Meine Zeit bei queo begann mit einem Praktikum, welches mir schließlich eine Tür öffnete, die mich später direkt in die Welt des UX/UI-Designs führen sollte. Anfangs war es nicht leicht für mich. Das Niveau war noch eine Stufe höher, als ich es bisher gewohnt war und der Beruf Mediengestalter Digital & Print ist grundsätzlich unglaublich breit aufgestellt. Mein Herz schlug aber damals schon für das Digitale und so entschied ich mich im Rahmen des großen „Change“ 2017/2018 komplett für den Bereich UX/UI-Design.

Zu dieser Zeit stellten wir bei queo auf die Arbeit in crossfunktionalen Teams um. Das war aus meiner Sicht ein wichtiger Schritt in Richtung Verständnis und Zusammenarbeit. Durch die Auflösung von Fachbereichsgrenzen rückten Entwickler*innen und Designer*innen näher zusammen, auch wenn dieser Prozess Zeit benötigte. Ich habe dadurch viele wichtige Entwicklungsschritte gemacht. Es ist extrem bereichernd und auch inspirierend, mit anderen Fachexpert*innen gemeinsam an einem Problem zu arbeiten und die Sichtweisen der anderen verstehen zu lernen. Die Weiterentwicklungen im UI-Design-Tooling haben auch dazu beigetragen. Sketch kam auf den Markt, kurzzeitig auch mal Adobe XD. Und nun Figma, das letztlich die Zusammenarbeit von Design und Entwicklung auf ein neues Level hebt.

In den letzten Jahren habe ich aber auch viel über mich gelernt. Unter anderem, dass ich Vertrauen in mich selbst und meine Fähigkeiten haben kann. Geholfen hat hierbei auch das Führungsverständnis, dass sich zunehmend in meinem Bereich etabliert hat. „Sag mir, wie lange es dauern wird und melde dich rechtzeitig, wenn es länger dauert. Und dann finden wir gemeinsam eine Lösung.“ So heißt es oft und das finde ich super - offene Kommunikation und Problemlösung auf Augenhöhe. Das war früher anders oder ich habe es vielleicht auch früher anders wahrgenommen.

Was mich ganz aktuell beschäftigt und ich denke, das wird auch ein Zukunftsthema von mir werden, ist die Frage der Nachhaltigkeit von Websites. Einfach ausgedrückt ist es oft so, dass je cooler das Website-Erlebnis, desto mehr Energie verbraucht die Website. Das ist natürlich ein Konflikt, welcher der Webdesign-Fachwelt zwar schon länger, aber noch nicht allen Kundengruppen bewusst ist. Ich persönlich bin allerdings überzeugt, dass ein Umdenken hin zu mehr Nachhaltigkeit stattfinden und letztere zunehmend in den Fokus rücken wird. Auf jeden Fall bereite ich mich schon einmal auf diese Herausforderung vor. 😊

Wie gesagt, verlief mein Weg keineswegs immer geradlinig und auch in ganz unterschiedlichem Tempo. Eines zieht sich jedoch durch: Der Mensch steht im Mittelpunkt. War es früher die Pädagogik, ist es jetzt die User Experience. Meine Mission ist, die Mensch-Maschine-Schnittstelle mit Fokus auf den User zu gestalten. Die Maschine muss sich dem Menschen anpassen – nicht umgekehrt. Schönheit, Ästhetik, Usability, Pädagogik und Psychologie begleiten mich dabei und werden auch zukünftig meine Arbeit im UX/UI-Design prägen.